Bewertungsgutachten von Eigentumswohnungen (Wohnungseigentum) im Todesfall

Ich darf heute einen der häufigsten Bewertungsanlässe bei einem sehr unerfreulichen Ereignis, dem Tod eines geliebten Menschen, kurz erklären. Es geht um die Frage, was eigentlich mit dem gemeinsamen Miteigentum an einer Eigentumswohnung (Eigentümergemeinschaft bzw. -partnerschaft) im Todesfall eines der beiden Eigentümer passiert und warum dies in vielen Fällen ein Verkehrswertgutachten erfordert.

Zum weiteren Verständnis muss zuerst der Begriff „Eigentümerpartnerschaft“ erklärt werden. Dazu § 2 Abs 10 WEG 2002 (Wohnungseigentumsgesetz): Die Eigentümerpartnerschaft ist die Rechtsgemeinschaft zweier natürlicher Personen, die gemeinsam Wohnungseigentümer eines Wohnungseigentumsobjekts sind.

Im Falle des Todes eines der beiden Eigentümer kommt § 14 Abs 1 Z 1 WEG 2002 zur Anwendung, welcher besagt, dass der Anteil des Verstorbenen am Mindestanteil (…) unmittelbar ins Eigentum des überlebenden Partners übergeht. Wobei dieser natürlich auch auf den Eigentumsübergang verzichten kann.

Der Partner der Eigentümergemeinschaft hat als Gegenleistung den Übernahmepreis in Höhe des halben Verkehrswertes der gesamten Eigentumswohnung an die Verlassenschaft zu bezahlen.

Ist der überlebende Partner auch pflichtteilsberechtigt (z.B. Ehepartner) und dient die Wohnung zur Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses, so reduziert sich der Übernahmepreis auf ein Viertel des Verkehrswertes bzw. sofern es keinen weiteren Pflichtteilsberechtigten gibt und/ oder keine Überschuldung der Verlassenschaft vorliegt, entfällt die Zahlungspflicht an die Verlassenschaft.

Es ist darauf hinzuweisen, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Stundung der Zahlungsverpflichtung oder eine Ratenzahlung (Frist jeweils maximal 5 Jahre) möglich ist.

Wie aus dieser kurzen und fragmentarischen Darstellung ersichtlich, wird in den meisten Fällen der Verkehrswert der Wohnung zu ermitteln sein.

Wenn sich der Leser dieser Zeilen etwas tiefer mit der Thematik auseinandersetzen will, dann sei ihm das WEG 2002, insbesondere §§ 12 und 14 ans Herz gelegt, abrufbar unter https://www.ris.bka.gv.at/.

Ergänzend sei in diesem Zusammenhang auch noch das sogenannte gesetzliche Vorausvermächtnis (§ 745 ABGB) erwähnt, welches jedoch nicht nur für Eigentumswohnungen gilt.  Dieses sichert im Todesfalle dem überlebenden Ehegatten und dem eingetragenen Partner, sofern diese nicht rechtmäßig enterbt wurden, die zum ehelichen Haushalt gehörenden beweglichen Sachen (Geschirr, Möbel, Haushaltsgeräte etc.) zu sowie das Recht weiter in der gemeinschaftlichen Wohnung zu wohnen.

Auch dem Lebensgefährten eines Verstorbenen kann ein Vorausvermächtnis zustehen, sofern er mit der verstorbenen Person in den letzten drei Jahren im gemeinsamen Haushalt (als dessen Lebensgefährte) gelebt hat, vorausgesetzt der Verstorbene war zum Todeszeitpunkt nicht verheiratet bzw. in einer eingetragenen Partnerschaft lebend.

Eine gewisse Rechtsunsicherheit des sich aus diesen Bestimmungen resultierenden „gesetzlichen Wohnungsrechtes“ ergibt sich durch den Umstand, dass der Begünstigte keinen Anspruch hat, dieses Wohnrecht im Grundbuch sicherzustellen. Im Einvernehmen mit dem Eigentümer (Erben der Liegenschaft) wäre eine grundbücherliche Sicherstellung jedoch möglich.

Hinweis: Der Text weist der Einfachheit halber keine gendergerechte Schreibweise auf, da auch die zitierten Gesetzestexte nicht geschlechtsneutral abgefasst sind.

DI(FH) Norbert Supanz, MBA